Europäische Eisenbahnen

Betrieb auf der BAE Braunlage-Andreasberger-Eisenbahn

  

bae_wappenBraunlage-Andreasberger-Eisenbahn  

Die BAE ist eine Modellbahn, die eine fiktive Schmalspurbahn im Harz, die mit den realen Harzer Schmalspurstrecken Verbindung hat, darstellt. Die Baugröße ist 0m, das heißt Meterspur im Maßstab 1:45; die konkrete Spurweite ist 22,2 mm.

Die BAE wird von Otto O. Kurbjuweit (den Insidern als OOK bekannt, dem Initiator und Gründer des FREMO) und dem BAE-Club erbaut.

  

Betrieb

Die Funktion einer Eisenbahn simulieren

Eine Eisenbahn-Anlage, auf der die Züge ziellos herumfahren, ist  ein Diorama mit Animation. Mehr nicht. Wenn es eine Modell-Eisenbahn sein soll, dann muss sie nicht nur das Aussehen, sondern auch die Funktion einer Eisenbahn simulieren.

Diese Auffassung bildete sich bei mir  unter dem Einfluss der Lektüre amerikanischer Publikationen schon bevor ich zwanzig war. Alles, was ich seither modellbahnerisch angefangen habe, war auf die Darstellung des Eisenbahnbetriebes ausgerichtet.

Die BAE I mit ihrer winzigen Strecke und dem simplen Konzept Endbahnhof – Kreuzungsbahnhof – Fiddle-Yard war bereits Austragungsort gar mancher Betriebssessions mit zwei Zugpersonalen. Hier gab es schon einen Bildfahrplan, aber noch keine Uhr. Deshalb wurde der Betrieb sequentiell durchgeführt. Das heißt, die Züge mussten genau in der Reihenfolge wie im Fahrplan vorgesehen verkehren – egal, wie lange sie dafür brauchten. Auch die Zugkreuzungen fanden stets dort statt, wo der Bildfahrplan es vorgab.

Bei der BAE II, die nicht nur diese drei Betriebsstellen aufwies, sondern elf und auf der bis zu vier Züge gleichzeitig verkehren konnten, hätte das nicht funktioniert. Sie war von vorneherein für den so genannten Zugleitbetrieb konzipiert.

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Der Zugleitbetrieb

Dies macht speziell bei eingleisigen Strecken mit relativ dichter Belegung Sinn. Wenn alle Züge mit hundertprozentiger Verlässlichkeit immer genau zu den im Bildfahrplan angegebenen Zeiten abfahren und ankommen würden, bräuchte man keine weiteren Sicherheitssysteme. Aber wie überall ist die Theorie die Theorie und die Praxis ganz etwas anderes.

Ein auf die Sekunde pünktlich abgefahrener Zug braucht nur statt der vorgesehenen 40 km/h eine Zeit lang mit 39 oder 41 km/h fahren und schon klappt es mit der nächsten vorgesehenen Kreuzung nicht mehr.

Deshalb muss ein intelligentes System oder Wesen darüber wachen, dass kein Zug in einen Streckenabschnitt einfährt, der schon von einem anderen Zug benutzt wird. Da entsprechende Systeme aufwändig und teuer sind, werden sie nur für stark ausgelastete und relativ schnell befahrene Strecken installiert.

Bei Klein- und Schmalspurbahnen übernimmt das ein Mensch, der Zugleiter. Bei der BAE II auch. Der Zugleiter sitzt bei einer richtigen Eisenbahn in seinem Büro, der Zugleitung, und sieht meist von den realen Zügen nichts. Bei der BAE II saß er in einem kleinen Kabuff im Keller, während sich die Anlage im Erdgeschoss befand. Als Vorgriff auf die Zukunft sei hier verraten, dass es bei der BAE III umgekehrt sein wird: Anlage im Keller, Zugleiter im Erdgeschoß, warm und trocken.

Damit die Zugführer wie vorgeschrieben, beim Zugleiter anfragen können, ob sie in einen Streckenabschnitt einfahren dürfen, müssen an jeder Betriebsstelle Fernsprecher vorhanden sein. Das war so bei der BAE II und wird bei der BAE III natürlich ebenso sein.

Der Zugleiter hat auf einem Schreibtisch einen frischen Ausdruck des geltenden Bildfahrplans und kann so die Soll-Position aller Züge auf einen Blick sehen. Von der Ist-Position weiß er zunächst nichts. Davon erfährt er nur durch die fernmündlichen Anfragen und Meldungen der Zugführer.

Ein praktisches Beispiel: Von 7.15 bis  8.15 Uhr

Nehmen wir beispielsweise den Bildfahrplan C12/98 aus dem BAE-Archiv. Das C bedeutet, dass er für drei Fahrpersonale ausgelegt war, der Rest ist das Datum der Erstellung.

Es ist also kein theoretisches Gedankenspiel, sondern eine Szene, die sich so oder ganz ähnlich dutzendfach bei der BAE II abgespielt hat.

bae_bildfahrplan_c12-98

Es ist 7.15 Uhr. Beim Zugleiter klingelt der Fernsprecher. „Zugleiter!“ „Hier Zug P 09 in Sieber. Darf P 09 um 7.16 Uhr abfahren nach Sonnenberg?“ Da bisher alles planmäßig verlaufen ist, kann der Zugleiter die Erlaubnis geben: „Zug P 09 darf um 7.16 bis Schluft fahren, dort Zuglaufmeldung.“ Der Zugführer müsste laut Vorschrift eigentlich den ganzen Satz des Zugleiters wiederholen, aber im jahrzehntelangen Dienstgebrauch hat es sich eingebürgert, nur „Verstanden“ zu sagen.

Aber wieso nur bis Schluft, statt wie angefragt, bis Sieber? Weil, wie der Zugleiter auf dem Bildfahrplan sieht, der Nahgüterzug 205 zur Zeit in Schlufterhütte rangiert und in Kürze um Fahrgenehmigung nachsuchen wird. Und dieser Ng 205 muss erst in Schlufterhütte abgefahren sein, bevor der P 09 in die Strecke Schuft – Schlufterhütte eingelassen werden darf.

Es könnte sich aber auch die Abfahrt des Nahgüterzuges verzögern, weil die Rangiererei mal wieder mehr Zeit braucht, als vorgesehen, dann müsste der P 09 abweichend vom Buchfahrplan den Auftrag erhalten, vor Schlufterhütte vor der Trapeztafel zu halten.

Wie auch immer, in Schluft muss sich der Zugführer des P 09 noch einmal melden, damit situationsgerecht entschieden werden kann.

Also, der P 09 hat seinen Auftrag und fährt vermutlich ab. Ob er es wirklich getan hat, weiß der Zugleiter natürlich erst, wenn er sich von Schluft aus wieder meldet.

Wieder klingelt der Fernsprecher. „Zugleiter!“ „Ng 205 in Schlufterhütte. Darf Ng 205 um 7.23 Uhr weiterfahren nach Sonnenberg?“ Er darf. Er darf sogar direkt einfahren, denn im Bahnhof Sonnenberg befindet sich derzeit kein Zug.

Und schon wieder das Läuten des Fernsprechers. „Zugleiter!“ Diesmal ist es der Zugführer des Pmg 111, der sich von St. Andreasberg aus meldet und anfragt, ob er nach Sonnenberg fahren darf. Er darf, muss aber vor der Trapeztafel halten, denn der Ng 205 wird vor ihm dort sein.

Aber der Zugleiter kommt nicht zur Ruhe. Es klingelt. Der P 09 ist in Schluft angekommen und will weiter nach Schlufterhütte. Es liegt aber noch keine Ankunftsmeldung des Nahgüterzuges in Sonnenberg vor, also kündigt der Zugleiter seinen Rückruf an. Kaum hat er aufgelegt, klingelt es erneut: Aha, der Ng 205 ist nun in Sonnenberg, der Pmg 111 auch und Gleis 2 ist frei für den P 09. Wunderbar, der Zugleiter ruft nun seinerseits Schluft an und hat sogleich den Zugführer des P 09 an der Strippe. P 09 darf nun bis Sonnenberg fahren, Halt vor Trapeztafel.

In der Praxis wird der Lokführer sein Achtungssignal wohl sehr rechtzeitig geben und die Lok des Ng wird ihn sogleich „hereinpfeifen“, also lang-kurz-lang pfeifen. Dann kann der P 09 ohne Halt an der Trapeztafel vorbeifahren. Nicht ganz vorschriftsmäßig, aber praxisgerecht und  Usus.

Bis zur Ankunftsmeldung des P 09 hat der Zugleiter  einen Moment Zeit, die Zuglinien auf dem Bildfahrplan mit seinem dicken Filzstift nachzuziehen, damit er sehen kann, welche Fahrten stattgehabt haben.

Wenn der P 09 und kurz darauf der PmG 111 abgefahren sind, muss der Zugleiter schon mit der Anfrage des Gegenzuges P 10 rechnen.  Die Verschnaufpause muss also noch warten.

Zugleiter: Ein mieser Job?

Was der BAE-Zugleiter in der Zeit von 7.15 bis 8.15 Uhr zu erledigen hatte, hat real innerhalb von zehn Minuten stattgefunden, da die BAE-Uhr ja sechsmal so schnell läuft wie die gewöhnliche Uhr.

Eigentlich war alles ganz einfach, denn der Zugverkehr lief nach Plan. Wenn sich im Laufe des Tages jedoch die Verspätungen addieren und irgendwann keine Kreuzung mehr an der vorgesehenen Stelle stattfindet, dann sind in kurzer Folge viele Entscheidungen zu treffen. Das macht den Job anstrengend, aber auch spannend. Das ist wie Blitzschach.

Immer wenn ich diese Dinge in  Umgebungen erzähle, wo man von Modellbahnbetrieb nicht so viel weiß, kommt stets die Frage: Aber wer will das denn machen? Der Job ist ja nicht nur fordernd; der arme Kerl sieht ja nichts von der ganzen Modellbahnerei. Ein stumpfsinniger Bürojob, während alle anderen sich an den Modellzügen erfreuen.

Und meine Antwort ist auch immer die gleiche: Ich habe nie ein Problem gehabt, diesen Posten zu besetzen. Wie kann das sein? Die Antwort ist einfach:

Der Zugleiter ist der realistischste Posten bei der ganzen Modellbahnerei. Ob die Zuglaufmeldungen und Anfragen von realen Zugführern von 1:1-Zügen oder von Modellzügen kommen, ist schlussendlich irrelevant. Es sind die gleichen Dinge zu tun, wie bei der großen Eisenbahn. Die Lokführer sind Modelleisenbahner und imitieren das reale Fahren eines Zuges so gut es geht. Der Zugleiter ist echt. Das macht die Attraktivität seines Amtes aus. Sagte ich eingangs, es braucht dazu intelligente Wesen? Eben. Das sind wir doch alle. Und deshalb ist der Job so begehrt. Noch Fragen?

Wird fortgesetzt.

Betrieb BAE III aktuell

Wenn die BAE-Freunde, die sich regelmäßig zum Bau treffen (s. BAE-Club) weiter so fleißig sind, kann der erste Teilabschnitt der BAE III noch in diesem Herbst in Betrieb gehen. Ungeklärt ist bis dato, welches Digitalsystem zur Anwendung kommen soll.

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Im Harzbahnforum im entsprechenden Unterforum läuft bereits die Diskussion über den künftigen Betrieb auf der BAE.


Quelle:

dieser Text stammt von (c) 2007 -  OOK Otto O. Kurbjuweit, Datenstand 23. Juli 2007, von der "alten" BAE-WebSite

auf www.rm-dp.de mit Genehmigung von OOK vom 2009-09-06